Myzelmöbel 2.0: Akustikmöbel, die Luft filtern, leuchten und am Ende kompostierbar sind
Schon von Möbeln gehört, die Schall schlucken, Gerüche reduzieren und am Lebensende auf den Kompost wandern? Myzelkomposite – gewachsen aus Pilzgeflecht und Agrarreststoffen – erobern leise die Innenarchitektur. In kompakten Wohnungen, Homeoffices und Tiny Houses verbinden sie Akustik, Licht und Luftqualität in einem Bauteil und sparen so Platz, Ressourcen und Energie.
Was ist Myzelkomposit und warum ist es relevant?
Myzelkomposite entstehen, wenn Pilzmyzel Zellulose- oder Hanffasern durchwächst und zu einem leichten, porösen Körper vernetzt. Nach dem Wuchs wird das Material thermisch stabilisiert (abgetötet) und oft mit einer dünnen mineralischen Beschichtung versehen.
- Akustik: Offenzellige Struktur, Schallabsorptionsgrad αw typ. 0,45–0,75 (je nach Dicke/Porenstruktur).
- Gewicht: 90–200 kg m-3 – leichter als MDF, stabil genug für Wandmodule.
- Nachhaltigkeit: Aus Reststoffen gewachsen, trockene Verarbeitung, am Ende biologisch abbaubar (ohne Lack/Elektronik).
Das Konzept: Das „Bio-Akustikmöbel“ als 3-in-1-Modul
Die folgende Konstruktion vereint Akustikpaneel, Raumluft-Bypassfilter und umrandetes Ambientelicht – ideal über dem Sofa, im Flur oder als ruhige Zoneninseln im Großraumbüro daheim.
Aufbau im Querschnitt
- Decklage: 4 mm mineralisierte Pflanzenfaser (spritzwasserfest, überstreichbar).
- Kern: 25–40 mm Myzel-Hanf-Komposit, CNC-geschlitzt für Luftkanäle.
- Innenlage: Biochar-Blend (feinstes Pflanzenkohlegranulat) als passive VOC-Senke.
- Aktive Komponente: Leiser 24 V-Bypasslüfter (2–5 W), Luftstrom 20–40 m³ h-1 durch die Paneelkanäle.
- Licht: U-förmiger LED-Strip (Warmweiß 2700–3000 K), SELV 24 V, dimmbar.
- Rückwand: Recyceltes PET-Vlies mit Magnetscheiben oder Klebemontage.
Warum diese Lösung in kleinen Räumen punktet
- Dreifachnutzen: Akustikverbesserung, sanfte Luftumwälzung mit sorptiver VOC-Reduktion, zonierendes Licht.
- Platzsparend: 1 Bauteil statt separater Absorber, Leuchte und Tischluftfilter.
- Leise & sparsam: 2–5 W Leistungsaufnahme, Geräuschpegel ab ~20–25 dB(A) in Stufe 1.
Leistungsdaten auf einen Blick
| Parameter | Typischer Wert | Hinweis |
|---|---|---|
| Absorption | αw 0,65 bei 40 mm | 500–2000 Hz besonders wirksam |
| Luftstrom | 30 m³ h-1 (Stufe 2) | für 10–15 m² Zimmer als sanfte Umwälzung |
| Strombedarf | 3,8 W gesamt | Licht aus, Lüfter an |
| Geräusch | ≈ 24 dB(A) | Nachtbetrieb tauglich |
| Materialanteil bio | >80 % | ohne Elektronik/Leim |
Fallstudie: Homeoffice (12 m²) in einer Altbauwohnung
- Setup: 2 Wandmodule 800 × 1200 mm, je 35 mm Kern, Licht umlaufend, Lüfter auf Stufe 1 (20 m³ h-1 je Modul).
- Ergebnis Akustik: Nachhallzeit RT60 von 0,78 s auf 0,42 s (500–2000 Hz) – Sprache klarer, Videocalls ohne Hall.
- Subjektive Luftqualität: muffiger Geruch nach 2 Wochen archivierter Kartons deutlich reduziert; Lüfter zyklisch über Bewegungsmelder.
- Energie: 2 Module im Tagesbetrieb ~0,18 kWh/Tag (8 h) – Kosten im Cent-Bereich.
DIY – eigene Myzel-Akustik-Wandleuchte bauen
Materialliste (für 1 Modul 60 × 90 cm)
- Myzelplatte 600 × 900 × 30–40 mm (gepresse, geschliffen)
- Decklage mineralisiert 2–4 mm
- LED-Strip 24 V, 2700–3000 K, 7–10 W m-1, Dimmer
- 24 V-Netzteil (SELV) 30–40 W
- Kleiner 24 V-Bypasslüfter + Gummientkopplung
- Bio-Polymerkleber oder verdeckte Magnetmontage
- Recyceltes PET-Vlies als Rückwand
Schritt-für-Schritt
- Kanäle in die Myzelplatte fräsen (8–10 mm) – Einlass unten, Auslass oben.
- LED-Strip umlaufend in eine 6 mm Nut setzen, testen.
- Lüfter unten seitlich einlassen, Gummi entkoppeln, Luftweg abdichten.
- Decklage verkleben, trocknen lassen, Kanten fein schleifen.
- Rückwand montieren, 24 V-Verkabelung (Polung beachten), Funktionsprüfung.
- Wandmontage: magnetisch oder Klebesystem auf tragfähigem Untergrund.
Arbeitszeit: ~2–3 h, Material: ab ~220–320 € je nach Komponenten.
Oberflächen, Pflege und Sicherheit
- Finish: Naturbelassen samtig, optional Kaseinfarbe oder Tonlasur (diffusionsoffen).
- Feuchte: Für trockene Innenräume; Spritzwasser meiden.
- Brandschutz: Decklage mineralisch, LED/Lüfter in SELV 24 V; lokale Vorgaben prüfen.
- Pflege: Staub mit weicher Bürste absaugen; keine aggressiven Reiniger.
- End of Life: Bioteile kompostierbar; Elektronik getrennt entsorgen.
Designvarianten, die auffallen
- Relief-Fräsungen: Wellen, Rauten, Moiré – mehr Absorptionsfläche, lebendige Schatten.
- Farben: Erdfarben durch Tonpigmente, Aktivkohle-Schwarz für starke Kontraste.
- Formate: Fliesen 30 × 30 cm bis Paneele 120 × 240 cm, fugenlos kombinierbar.
Smart-Funktionen ohne Overkill
- Sensorik: eCO₂/Humidität/Temperatur zur Lüfter-Automatik.
- Steuerung: Dimmbares Licht + Lüfter über Zeitschaltprofil, Bewegung oder Tageslicht.
- Offene Standards: 24 V, kompatibel zu gängigen Smart-Relais; lokal steuerbar.
Pro / Contra kurzgefasst
| Aspekt | Pro | Contra |
|---|---|---|
| Akustik | Wirksam in Sprachfrequenzen | Tiefe Bässe nur mit Zusatzmaßnahmen |
| Luftqualität | Sanfte Umwälzung, sorptive VOC-Reduktion | Kein Ersatz für echte Lüftung/Filterklassen |
| Ökologie | Hoher Bioanteil, kompostierbare Kernmaterialien | Elektronik muss separat recycelt werden |
| Design | Organische Haptik, warmes Licht | Empfindlicher als Hochdrucklaminate |
| Kosten | Kombiniert drei Funktionen | Anschaffung höher als reiner Absorber |
Häufige Fragen aus der Praxis
Wie wirkt das Modul gegen Gerüche?
Die poröse Struktur und der Biochar-Anteil können flüchtige organische Verbindungen sorbieren. Regelmäßiges Lüften bleibt unerlässlich; das Modul ist eine Ergänzung, kein Ersatz für Außenluft.
Schimmelt das nicht?
Nein, das Myzel ist nach der Stabilisierung inaktiv. Halten Sie das Modul trocken und luftumspült; für Feuchträume ist es nicht vorgesehen.
Wie robust ist die Oberfläche?
Mit mineralischer Decklage ist sie spritzfest und abwischbar. Für stark beanspruchte Bereiche eine zusätzliche Schutzlasur wählen.
Zukunftsausblick: Gewachsene Formen und modulare Reparatur
- Grown-to-Shape: Formgebung direkt in der Zuchtform, weniger Verschnitt.
- Austauschbare Innenmodule: Lüfter/LED per Klick – Gehäuse bleibt, Technik wird modernisiert.
- Zweite Nutzung: Abgenutzte Paneele als Gartenmulch (ohne Elektronik/Anstriche).
Fazit: Drei Funktionen, ein Bauteil – ideal für dichte Grundrisse
Myzelbasierte Akustikmöbel sind haptisch warm, funktional klug und ökologisch sinnvoll. Wer Hall mindern, sanftes Licht integrieren und die Luft zirkulieren lassen will, bekommt mit einem Modul eine elegante Lösung – besonders dort, wo jeder Quadratzentimeter zählt.
CTA: Starten Sie mit einem 60 × 90 cm Testmodul im Arbeits- oder Schlafzimmer, messen Sie Nachhall und Komfort – und skalieren Sie dann auf Wandflächen mit dem besten Nutzen.